Wir drillen, aber nett

Name Lisa Duschek, geboren 1991 in Oberwart, aufgewachsen in Eisenstadt, Beruf Firmengründerin und Programmiererin, wohnt in Wien Innere Stadt


Lisa Duschek ist Gründerin der Code Factory Wien, einer modernen Programmierschule, wo Informatik-Theorie und Technik soweit entrümpelt werden, dass mehr Menschen für einen begehrten Beruf ausgebildet werden können. Für die junge Pionierin, Geschäftsführerin und Wasserretterin ist Coding nützlich, kreativ und universell anwendbar.

Lisa Duschek strahlt große Gelassenheit aus. Die braucht sie auch als 25-jährige Firmengründerin, deren Business-Plan die Bank nicht einmal lesen wollte. Auf den Start-up-Events, die sich wie Schwammerl nach dem Sommerregen vermehren. Oder in Verhandlungen mit großen Unternehmen und mächtigen städtischen Institutionen. Auch Geduld, Sport und Humor helfen ihr durchzuhalten, wenn ihr wieder mal jemand sagt: „Der Firmenstempel ist zu weit rechts auf dem Formular“ oder „Wir finanzieren, wenn sie sich am Markt etabliert haben.“ Die junge Burgenländerin betreibt gemeinsam mit ihrem Ex-Freund die erste Coding School Österreichs im 15. Bezirk. Sie bietet eine Dienstleistung an, die eigentlich wie warme Semmeln weggehen sollte.

Coding ist das coole, auf unmittelbare Anwendbarkeit zielende, Wort für Programmieren. Lisa Duschek und Christoph haben 2015 selbst eine Coding-School in Portland in den USA besucht. Ein halbes Jahr lernten sie im Epicodus Bootcamp in Portland (Oregon). „Wir wussten, dass der militärisch geprägte Name nicht gut ankommen wird, deshalb Coding Factory Wien. Wir drillen auch, aber nett“, grinst sie und meint weiter „gute Coder sind Mangelware“.

Die Schulungsräume liegen ebenerdig im Hinterhof des Veranstaltungszentrums Brick5 im 15. Bezirk. Eingerichtet sind sie mit mehreren großen, quadratischen Stehtischen aus Fichtenholz samt acht zentral angeordneten Steckdosen, fettem WLAN-Blink-Antennendings, Server-Rack, Kabeln, zahlreichen Topfpflanzen, selbst gebauter Europaletten-Couch und Regalen sowie einer eigenen Gin Bar (für den monatlichen „Gin & Code Abend“).

Worum geht es? Man muss definitiv kein Informatikstudium absolvieren, um griffige Frontend- oder Backend-Lösungen zu programmieren. Die dazugehörigen Programmiersprachen wie C-Sharp, Java, php oder Python lernt man wie Fremdsprachen. Es geht um kreatives Denken und weniger um Mathematik. Je nach Talent erfüllen Coding-Eleven schon nach wenigen Wochen knifflige Tasks.

Lisa Duschek und Christoph Pirringer haben das erfolgreiche US-System für den heimischen Markt angepasst. Menschen ohne Programmierkenntnisse werden heute schon gern als neue AnalphabetInnen bezeichnet. Unternehmen suchen händeringend Menschen, die Web-Development beherrschen. Und in diese Lücke stößt die Coding Factory Wien, wo jeder Programmieren als Handwerk lernen und seinem Leben so vielleicht einen neue Richtung geben kann. Ein halbes Jahr nach der Gründung interessieren sich Privatpersonen, Unternehmenscluster, das AMS und der WAFF für das Kursangebot.

Lisa maturierte am Musikgymnasium (lernte Klavier, Gitarre, Saxofon) in Eisenstadt und bestand den MED-AT-Aufnahmetest für das Humanmedizinstudium. Sie inskribierte aber nicht Medizin, sondern Jus und Betriebswirtschaft, später auch Volkswirtschaft. Sie arbeitete als Werksstudentin im Notariat, engagierte sich im Non-Profit-Bereich und schon von frühester Jugend an als Rettungssanitäterin. In ihrem Hinterkopf spukte immer der Gedanke, eines Tages ein eigenes Unternehmen zu haben.

Noch lieber als Firmengründerin wollte sie aber Freelancerin werden. Als es eine Webseite zu programmieren galt, verlangten Entwickler auf dem freien Markt tausende Euro dafür. Also las sie sich in die Thematik ein und baute die Homepage selbst. Das weiterführende Selbststudium misslang aber, „da mir Ausdauer und Motivation fehlten und ich ständig abgelenkt wurde“. Sie wählte die Ausbildung zur Web-Developerin in den USA, weil sie etwas Nützliches, Universelles lernen wollte.

Die Idee, so etwas in Wien zu machen, hatten die beiden Geschäftsführer schon in Portland. Aber davor galt es noch ein paar dicke Bretter zu bohren. Die Finanzierung erfolgte schließlich über einen Privatinvestor und das Ausländerbeschäftigungsgesetz kann Lisa rückwärts buchstabieren. TrainerInnen sind nämlich in Österreich noch schwerer zu bekommen, als ProgrammiererInnen. Eigentlich hätte die Unternehmerin als erste InteressentInnen junge Burschen erwartet, die gerne Playstation spielen und schon ein paar Code-Zeilen geschrieben haben. Es kam aber anders. Frauen sind stark vertreten, auch eine ehemalige Tierärztin fand den Weg in die Code Factory, genauso wie eine Betriebswirtin oder ein Sachbearbeiter.

Was für ein Typ muss man sein? Ob Coding einem wirklich liegt, weiß man nach wenigen Wochen. Aber Achtung: Die Ausbildung bedeutet Self-Learning, nicht Berieselung. Die Basics kann jeder lernen. Lisa erkennt durchaus Parallelen zum juristischen Denken, dem Lösen von Fällen: „Es gibt sehr viel Input, aber nur Weniges ist wichtig. Es ist logisch aufgebaut und es gibt einige Werkzeuge und Konzepte, die immer neu angewandt zur Lösung führen.“

Lisa widmet sich Vollzeit der Akquise und der Verbreitung ihrer Idee: Vorträge halten, Menschen kennenlernen, Überzeugungsarbeit leisten, Angebote schreiben. Nach 22 Uhr und am Wochenende gilt aber Digital Detox. Die beiden anderen Geschäftsführer haben noch einen Brotberuf. Der Vorteil von Wien ist seine Überschaubarkeit. Es ist so kleinräumig und man kennt bald die richtigen Menschen. Das nächste Ziel ist die Zertifizierung der Ausbildung. Dafür muss die Bildungseinrichtung aber drei Jahre am Markt sein.

Zum Studieren kommt sie kaum, hat aber den Abschluss noch nicht aufgegeben. Und sie schiebt auch immer noch Nachtdienste im Burgenland: Im Winter als Rettungssanitäterin, im Sommer bei der Wasserrettung am Neusiedler See. Ein gutes Gefühl, jemandem gegenüber zu sitzen, der nicht nur die Arbeitskräfte der Zukunft ausbildet, sondern einem auch das Leben retten kann.

Dein Wiener Lieblingswort: Blunznfett.

Gibt es Plätze oder Orte in der Stadt, die dich inspirieren? Was ist dein Lieblingsort? Die blauen Pontons auf der Donau mit einer Flasche Wein.

Was ist leiwand an Wien? Wien ist wunderschön. Wenn man mal Städte in den USA gesehen hat, die architektonisch uniform sind, weiß man das „Gasselgewirr“ und kleine Plätze im ersten Bezirk wieder zu schätzen. Ohne Autos würde man sich sowieso 300 Jahre zurückversetzt fühlen.

Das gibt es nur in Wien: Zum Entspannen brauche ich Natur. Ich bin früher zum Nachdenken gerne durch das Leithagebirge gewandert. In Wien gibt es riesige Grünflächen, die man kostenlos benutzen darf: Prater, Donauinsel usw.

Wien schmeckt ... sehr international!

Was liest du aktuell? „The Defining Decade: Why Your Twenties Matter and How to Make the Most of Them Now“ von Meg Jay. Es deprimiert mich ein bisserl. Aber ich weiß ja, was ich will. Ich komme einfach über Umwege dorthin.

Was läuft derzeit auf deiner Playlist am meisten? Ich brauche Musik zum Arbeiten und habe immer einige Wochen eine „musical obsession“. Aktuell ist es „Hamilton“, ein Hip Hop Musical über die US-Gründerväter.

 

 

Für welchen Verein schlägt dein Herz? Die Österreichische Wasserrettung

Was isst du gerne? Aufgewachsen bin ich mit der deftigen Hausmannskost meiner Oma. Wenn ich am Wochenende zu Besuch komme, gibt es natürlich Knödel, Bratl und Saft. Aber ich liebe Maki. Und wenn ich zuhause koche, mache ich aufgepimpte Salate mit Feigen, Chutney, Rohschinken und so weiter.

Dein Lieblingslokal? Aktuell habe ich das gesamte foodora Angebot bald durch. Aber ich habe ein Praktikum in Südamerika gemacht und mag das „qero“ in der Wipplingerstraße mit authentischer peruanischer Küche. Da kann man schön essen gehen. Für ein After-Work-Bierchen gehe ich ins Beisl „Philosoph“ im Bermuda-Dreieck.

Was möchtest du Wien gerne ausrichten? Es ist kein Widerspruch, Tradition zu pflegen und mit der Zeit zu gehen.

 

Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.

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