Am Friedhof der Namenlosen

Herr Rossi, ein Hundeleben in der Stadt

Am Alberner Hafen findet Herr Rossi nichts albern, im Gegenteil, hier ist alles spannend. Vom Parkplatz am Ende der Molostraße macht er erst einen Abstecher zum Friedhof der Namenlosen, bevor es an die Donau hinunter geht. Als Hund wartet er artig und pietätvoll vor dem Eingang, bis die begleitenden Zweibeiner so gut wie jedes Grab inspiziert und wirklich alle Tafeln gelesen haben. Das kann dauern.

Eigentlich gab es hier früher zwei Friedhöfe. Als 1840 eine unbekannte Wasserleiche von der Donau angeschwemmt wurde, setzte man diese hier bei. Weitere 477 Tote sollten folgen. Ein Wasserstrudel war dafür verantwortlich, dass auf Stromkilometer 1918,3 immer wieder Treibgut und Ertrunkene angeschwemmt wurden.

Oft war die Verwesung schon fortgeschritten und eine Identifizierung unmöglich. Diesen namenlosen Toten blieb ein offizielles Begräbnis verwehrt. Nicht zuletzt deshalb, weil immer wieder Körper von Menschen dabei waren, die ihren Leben selbst ein Ende gesetzt hatten. Im sogenannten „Aufnahmehäuschen“ stand stets einfacher Holzsarg für den Anlassfall bereit.

Im Zuge der Erweiterung des Hafengebiets und des Hochwasserschutzes wurde dieser erste Friedhof 2013 gerodet und aufgelassen, ein Gedenkkreuz erinnert an neuer Stelle daran. Heute noch zugänglich ist der zweite Friedhof, auf dem Verstorbene von 1900 bis 1940 begraben wurden. Seither werden unbekannte Tote aus der Donau auf Kosten der Stadt Wien auf dem Wiener Zentralfriedhof begraben. Ein Teil des Friedhofs der Namenlosen blieb ungenutzt.

Der Fischerverein Albern hält hier jährlich eine Gedenkfeier ab. Am ersten Sonntag nach Allerheiligen lassen die Vereinsmitglieder ein mit Kränzen, Blumen und brennenden Kerzen geschmücktes Floß zu Wasser und bringen es mit Hilfe einer Zille in die Mitte der Donau. Auf dem Floß befindet sich ein symbolischer Grabstein mit der Inschrift Den Opfern der Donau. Heute werden infolge der Donauregulierung und des Freudenauer Kraftwerks nur noch sehr selten Leichen angeschwemmt.

Der letzte dokumentierte Fall im November 2004 war eine Frauenleiche. In der Auferstehungskapelle am Friedhof wird jeden ersten Sonntag im Monat ein Hochamt zelebriert.

Friedhof der Namenlosen Kapelle

Endlich haben die Begleit-Zweibeiner alles gesehen und der Spaziergang geht weiter, immer donauabwärts. Hobby-Fischer haben sich hier ihre kleinen Paradiese direkt am Donauufer geschaffen. Die Fischerhäuschen stehen auf Stelzen, manche davon sind mit Geranien und Fundstücken aus der Donau dekoriert. Vor einigen adretten Häuschen hängen Hebenetze, auch Daubeln genannt.

Am Rückweg wird schnüffelnd, und wegen diverser Fährten sehr aufgeregt, noch der Schutzdamm inspiziert, welcher im trockenen Zustand recht unspektakulär ist, bei Hochwasser aber hoch geschätzt wird.

Donau Auen Alberner Hafen

Zurück auf der Molostraße möchte sich Herr Rossi noch stärken und mit seiner Begleitung einkehren. Leider hat die Hafenkneipe – ein beliebter Film-Drehort – sonntags zu. Jammerschade!

Quelle: wikipedia

Nini schreibt, fotografiert und bloggt digital.
Mag aber auch analog noch immer.

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