Karl zwischen den Fronten

Karl Ofracek macht sich nicht oft einen Karl und er will auch nicht so sein, wie Helmut Qualtingers ‚Herr Karl‘.

Gerade kommt der Völkerrechtler von einem Einsatz in Afghanistan zurück, wo er für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz im Einsatz war.

Karl hat eine Zwangsbraut mit ausgeschleust. Legal ist das nicht, aber er wollte die junge Frau nicht weiter unter den Taliban leben lassen.

Schließlich hat Karl – manche kennen ihn vielleicht als den Bruder der „Richterin“ aus 2020 – eine Tochter. Er hat eine Schwester, die er verehrt und nicht enttäuschen will. Er hat eine Ehefrau, die recht eigenständig ist und er ist ein Freund der Frauen, wie auf der Zugfahrt in die IKRK-Zentrale in Genf augenscheinlich wird.

Nach und nach entrollt die Autorin seine Geschichte(n) mit Drogensucht, Jobwechsel, Uwe Barschel, schwieriger Vater-Beziehung und schwieriger Vaterschaft. Hat Karl eine Midlife Crisis oder hat er Anpassungsschwierigkeiten, zwischen der Kargheit in Afghanistan und dem ausgepolsterten Luxus im Beau Rivage Hotel in Genf?

Zwischen Hochdiplomatie und Kleinkriminalität, zwischen Schmuggel und Schokolade, ausnutzen und benutzt werden? Lydia Mischkulnig lässt den Mann zwischen verschiedene Fronten geraten und zupft in ihrer Erzählung unerschrocken schwierige historische, politische und gesellschaftspolitische Saiten an.


Beau Rivage: eine Rückkehr
von Lydia Mischkulnig
Leykam Verlag
224 Seiten
24,50 Euro


Beitragsbild: ©Minitta Kandlbauer

Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.

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