Hohe Minne und tote Mimen

Warum wirken Klischees? Übertreibung macht anschaulich. Das gilt auch für den Kriminalroman „Tod in Perchtoldsdorf“, in dem Christian Schleifer die Beziehung der Hauptstadt Wien zur Metropole im Wiener Speckgürtel, aber auch Rivalitäten und Besonderheiten innerhalb des Ortes auf die Schaufel nimmt.

Schleifer, selbst im Weinort aufgewachsen, aber seit vielen Jahren Wahlwiener, schickt eine sympathische Ex-Polizistin und Neo-Winzerin in tödliche Scharmützel rund um das Sommertheater in der Burg (auch hier gibt es einige Klischees). Die Charlotte (ohne e) ermittelt parallel zu ihrem Polizisten-Cousin, mit Auftrag aber auch ohne.

Ihre Freundin Andrea unterstützt sie nach Kräften. Daneben versucht sie den Heurigen des Vaters in die Jetztzeit zu katapultieren und einen Frizzante mit erklärungsbedürftigem Namen auf dem Markt zu platzieren. Der Prolog zitiert ausführlich Shakespeares Sommernachtstraum. Es wird nicht zuviel verraten, wenn MadameWien hier anmerkt: Titania und Oberon haben ein Techtelmechtel. Und werden dabei gesehen.

Einmal muss der Autor Anleihe in der Fiktion nehmen, weist diese Fake-Szene aber eigens aus.
Die Handlung in fünf Aufzügen entspinnt sich lesenswert, am Ende wird es dann doch ziemlich knapp. Die handlungsleitenden Charaktere sind gut gezeichnet (unser heimlicher Favorit ist der Weinbau-Obmann), eine italienische Großfamilie mischt mit und ein weiterer Krimi, der einige Jahre vorher in Schladming spielt, wird schon einmal angeteasert.

Leichter Sommerkrimi mit Lokalkolorit, bevorzugt mit einem kühlen Achterl Weißwein zu genießen.


Tod in Perchtoldsdorf

von Christian Schleifer
Kriminalroman
Emons Verlag 2020
288 Seiten
13,40 Euro

 

Beitragsbild: Sebastian Räuchle

Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.

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