Eine internationale Familiengeschichte

Mattias Ahlm/Swedish Radio

Die Familie Bolin versorgte die russische Zarenfamilie ab 1796 mit Juwelen und Geschmeide. Einer ihrer Nachkommen, Gunnar Bolin, ein schwedischer Journalist, erzählt in „Die Kinder des Hofjuweliers“ von den Menschen hinter der Firma W. A. Bolin, die heute den schwedischen Hof beliefert.

Der Czernin Verlag legt das 2019 erschienene Werk nun auf Deutsch auf. Die Juweliere des Zaren sind über familiäre Bande und ihr Leben im bewegten Europa des 20. Jahrhunderts auch in die österreichische Sozialdemokratie (Karl Seitz, Ernst Hoffenreich) vernetzt.

Das Buch schließt an die Tradition von Familiengeschichten an, in der sich nur drei Generationen in aller Herren Länder verstreuen können. Anhand der unterschiedlichen Charaktere und persönlich gefärbten Storys verfolgt man sie bereitwillig

Die Großmutter des Autors, Karin Bolin, war Nichte von Karl Seitz und Ehefrau von Ernst Hoffenreich, die in Wien und im Burgenland die Gesellschaft verändern wollten. Sie steht im Zentrum des Buches, das so auch ein Frauenschicksal nachzeichnet. Es verschlägt sie aus dem geselligen und gesellschaftlichen Leben in Moskau und am Sommersitz in Småryd nach Wiener Neustadt und Bad Sauerbrunn.

Das Buch rekonstruiert anhand von Briefen, Dokumenten, Erinnerungen und Gesprächen mit Vater Gerhard Zeitgeschichte, zeichnet nach, wie die Mitglieder des Clans im Ständestaat, im Austrofaschismus und der Wehrmacht überlebten, wie unterschiedlich es ihnen erging. Es zeigt sich: Mehrsprachigkeit war gleichermaßen verdächtig und ein Asset.


Die Kinder des Hofjuweliers
von Gunnar Bolin, übersetzt von Jürgen Vater
Czernin Verlag
368 Seiten
28 Euro


Beitragsfoto: © Mattias Ahlm

Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.

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