Aus Wut mach‘ Mut

Als junge Frau fühlte sich Vera Steinhäuser über den frustriert-verbissenen Emanzenkram erhaben. Sie eroberte die Berufswelt, erschloss sich ein neues Feld als unbekinderte Führungsperson und verhandelte als eine von wenigen Expertinnen selbstbewusst.

Heute hat sie einen Sohn, ist immer noch deklarierte Gegnerin des Konstrukts Ehe, arbeitet selbständig als systemisch wertorientierter Coach und betreibt den Podcast Macht-Zentrale, in dem sie mit Frauen spricht, die ein gutes Verhältnis zum Gestalten und Entscheiden gefunden haben.

Spoiler: Macht ausüben ist kein Beliebtheitswettbewerb. Aber man muss es auch nicht so machen, wie Männer es schon lange tun.

In drei zeitlichen Abschnitten (Then/Now und Now then) begibt sich die Autorin auf Spurensuche im Patriarchat, dem frauenfeindlichen Ort „Patrix“. Wann genau wurden Frauen an Heim und Herd, zu Kind und Küche abgedrängt (12 Milliarden Stunden unbezahlte Care Arbeit weltweit), in die gefühlsduselige Ecke gestellt, unfähig Entscheidungen zu treffen, Geld zu verdienen und in Berufswelt und Politsphäre gleichberechtigt mit zu gestalten? Wären wir doch nie sesshaft geworden...

Steinhäuser besucht Schauplätze der Misogynie und des Matriarchats heute. Beleuchtet Mommy Wars, Maternal Gatekeeping, Mental Load und den Anspruch auf dreistöckige Regenbogen-Geburtstagstorten. Sie zitiert zahlreiche Autorinnen und beschreibt die klaffenden Lücken (Gaps) in Wissen und Wertschätzung. Sie ergänzt Erfahrungen aus ihrer Coachingpraxis, in der die Frage „Und jetzt?“ eine wesentlichere Rolle spielt, als die nach dem Warum. Am besten lassen sich die Hinweise sicher für gut ausgebildete Frauen der Mehrheitsgesellschaft umsetzen – Stichwort Intersektionalität.

Aber Steinhäuser versucht zumindest nicht in die „du musst dich einfach individuell ein bisschen mehr anstrengen“-Falle zu tappen. Sie will den Weg zu wirtschaftlicher und sexueller Unabhängigkeit, dem Netzwerken von Frauen untereinander, der Anerkennung eigener Verletzlichkeit aber auch der eigenen Stärken sowie der Entsorgung von hinderlichen Glaubenssätzen weisen. Viele QR-Codes verlinken zu thematisch passenden Gesprächen in ihrem Podcast. Das quietschbunt gestaltete Mutbuch, samt der Don’t Do-Liste gehört auf jedes Nachtkastl, in jede Schreibtischschublade und jede Wickeltasche.


Die Macht Zentrale. Ein Mutbuch für unerschrockene Frauen, die gestalten wollen
von Vera Steinhäuser
Kremayr & Scheriau
192 Seiten
24 Euro


Beitragsbild : © Elodie Grethen

Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.

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