Noch im Kleinkindalter reist die Protagonistin mit ihren Eltern in Österreich ein. Der herannahende Balkankonflikt veranlasst die Familie, die schöne Hafenstadt Rieka zu verlassen.
Die Reise soll ins ‘neue Wien‘ führen. Von dieser netten Stadt hat eine Verwandte immer wieder geschwärmt. Tatsächlich landet die kleine Familie in Wiener Neustadt, wo sie auf die Gunst der Menschen und der Behörden ihres Gastlandes angewiesen ist.
Die Lehrerin Frau Renate ist die erste Unterkunftgeberin. Sie wohnt mit ihrer Familie in einem großem Haus in einer kleinen Gasse. Renate findet es wunderbar, dass die Mutter der Ausländerfamilie außergewöhnlich gut putzt und (er-)findet unendlich viele Einsatzmöglichkeiten für sie. Der Vater wird kurzerhand zu einer Art Hausmeister und kümmert sich um Reparaturen und Garten. Die eingewanderte Familie wird von der Gastgeberfamilie nahezu absorbiert. Vielleicht meint es Renate ja gut, doch überschreitet sie im Laufe der Zeit immer wieder Grenzen.
Als die Mutter, im erlernten Beruf Pharmazeutin, Arbeit findet, fasst die Familie die erste Gelegenheit beim Schopf und zieht aus. Die kleine Wohnung bedeutet pures Glück und Freiheit. Doch der Vater tut sich schwer, Anschluss zu finden: Der Erwerb der deutschen Sprache bereitet ihm Probleme.
Das Kind hingegen performt von Anfang an. Es weiß, es muss in der Schule doppelt so viel leisten wie die Inländerkinder, will es akzeptiert werden. Das zeigt sich auch beim Schwimmsport, wo das Mädchen bei Wettkämpfen Pokal um Pokal erschwimmt.
Der Vater sitzt einstweilen daheim und putzt mit Akribie die Wohnung. Dabei wird er immer stiller. Als die Tochter älter wird, bemerkt sie, wie ihr großartiger und heldenhafter Vater außerhalb der Wohnung unsicher und klein wirkt. Die Mutter kann einstweilen an ihre frühere Karriere anschließen und sorgt für das Einkommen der Familie.
Als es eines Tages zum Test für die Erlangung der Staatsbürgerschaft geht, glauben weder Mutter noch Tochter, dass es dem Vater gelingen wird, die Beamtin von seiner geglückten Integration zu überzeugen.
Wer ein Ahnung davon bekommen will, was es heißt, als Migrant:in auch trotz großer Bemühungen nicht integriert zu werden, sieht nach diesem Buch klarer. Die Juristin und Autorin Irina alias Toxische Pommes erzählt authentisch und mit staubtrockenem Wortwitz von einem Leben zwischen zwei Welten.
Ein schönes Ausländerkind
Toxische Pommes
Zsolnay Verlag 2024
23 Euro
Beitragsbild: © Muhassad Al-Ani
Nini schreibt, fotografiert und bloggt digital.
Mag aber auch analog noch immer.