Margherita lebt mit ihren zwei Schwestern und der Mutter ihrem Heimatstädtchen Treviso, unweit von Venedig. Eine der Schwestern betreibt einen Zeitungskiosk, der die Familie kurz nach dem 1. Weltkrieg mehr schlecht als recht über Wasser hält.
Margherita liest, was ihr in die Hände kommt und ist trotz ihrer nicht allzu umfangreichen Schulbildung interessiert und vielseitig informiert. Der junge Graf Revedin, Sohn einer vermögenden venezianischen Unternehmer- und Adelsfamilie, verwickelt sie beim Zeitungskauf gerne in Gespräche auf der Piazza del Convento.
Auch sie beflügeln diese Konversationen, dennoch fragt sie sich jahrelang „warum ein so hochwohlgeborener Herr sich mit jemandem wie ihr, einem Kind aus dem Volk, abgibt.“
Dass eine Anbahnung im Raum steht, wird bald klar. Als der Antrag gemacht und die Eheschließung beschlossenen ist, wird Margherita vor der Hochzeit für ein halbes Jahr nach Paris geschickt. Dort erlernt sie, was Adeligen bereits in die Wiege gelegt wird: Anstandsformen, Französisch, Kunst und Kultur. Sie wird von einer Mentorin in Künstlerkreise eingeführt und alsbald von Coco Chanel eingekleidet.
Obwohl Margherita aus einfachen Verhältnissen stammt, fügt sie sich elegant in die sich ihr öffnenden Kreise ein und sticht bald heraus. Es folgen Hochzeit und der Umzug von Treviso in das heruntergekommene „Dorf“ Venedig – damals ein verarmter, trister Ort. Und doch verliebt sich Margherita in die Stadt und sie unterstützt ihren Mann, mit der Grupo Veneziano Schiffbau, Energie- und Metallindustrie nach Venedig zu bringen.
Auf Margheritas Idee hin bekommt der Lido einen Golfplatz und sie macht aus ihrem Hotel Excelsior einen Hotspot der Berühmten und Reichen. 1932 gründet sie dort das Filmfestival. So schart sie die größten Künstler, Dichter und Denker um sich, ist befreundet mit Coco Chanel, Greta Garbo, Clark Gable oder Pablo Picasso. Ihre treueste Freundin wird Peggy Guggenheim, selbst eine schillernde Figur, die in Venedig ebenfalls ganz schön aufmischt.
Doch wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Der Roman Margherita ist ein Rückblick auf ein spannendes Leben, wie er nur von jemandem mit tiefem Einblick in die Familiengeschichte erzählt werden kann.
Die Architektin und Schriftstellerin Jana Revedin, geboren 1965 in Konstanz, ist mit Antonio Revedin, Margheritas Enkel, verheiratet. Er ist Hafendirektor von Venedig, wo die Familie auch heute noch lebt.
Margherita
von Jana Revedin
Aufbau Verlag 2020
304 Seiten
22 Euro
Nini schreibt, fotografiert und bloggt digital.
Mag aber auch analog noch immer.