Diäten & Cremes fürs Patriarchat

Benachteiligungen werden gerne am Körper festgemacht und an (biblischen bis kolonialen) Normvorstellungen, die mit dem Körper verknüpft werden. Den Blick fest auf vermeintliche Defizite gerichtet, statt auf die Habenseite.

Das ist Basis für etliche Diskriminierungen und viele Kreuzungspunkte. Viele Menschen sind ständig damit beschäftigt einer unerreichbaren Norm gerecht zu werden.

Das ist vor allem eines: ein Geschäft. Jedenfalls teuer, manchmal lebensgefährlich.

Aus dieser Richtung kommt die Autorin von „Riot don’t diet!“. Wer dick, haarig, alt, schwarz, queer oder behindert ist, oder womöglich mehr als eines auf einmal, wird diskriminiert, gemobbt und ausgegrenzt. Es darf sich auch heute eben noch immer nicht jede/r/s sich zeigen, wie er/sie/es ist.

Als Wissenschaftlerin hat Lechner zu Aussehen und Diskriminierung geforscht. Wie viel einfacher wäre das Leben mit mehr Akzeptanz? Statt etwa zu harzen, zu bleichen und zu hungern für das jeweils aktuelle Ideal? Der Frühling ist eine gute Zeit sich, in jeder Hinsicht auf den aktuellen Stand zu bringen. Bald werden wieder Beachbody-Diäten die Titelseiten vermeintlicher Frauenmagazine dominieren, die in Wirklichkeit Frauen-Verbesserungs-Verkaufsförderungs-Magazine sind. Elisabeth Lechner aktualisiert in ihrem Buch, erschienen bei Kremayr & Scheriau, die Liste der -ismen (z.B. Ableism und Lookism), erläutert Ausgrenzungs- und Beschämungsstrategien (Othering, Fat-Shaming) und denkt weiter in die Zukunft (Coding-Bias und neue Utopien).

In klaren Worten erläutert sie Hintergründe und Zusammenhänge (Hallo Neoliberalismus!) und lässt prägnante Stimmen zu Wort kommen. Das alles ist kein Selbstzweck, sondern eine Bewusstseinsschulung. Wer bin ich? Wie sehe ich Andere? Wie denke ich über sie? Erkundige ich mich, oder fahre ich mit meinen Ansichten drüber? Behandle ich Menschen wirklich gleichwertig? Mit einem 5-Punkte-Programm will Elisabeth Lechner von der Body Positivity, die es wieder dem und der Einzelnen überlässt sich froh zu denken, hin zur Body Neutrality kommen. Ganz verkürzt festzumachen an der Definition. Wie bekommt man einen Beachbody? Habe einen Körper und geh‘ zum Strand!

„Warum ist es so schwer, den Körper als Wahrnehmungsmaschine wertzuschätzen statt als optische Hülle, die immer weiter optimiert werden muss? Meine Utopie ist es, den Körper als Medium zu verstehen, das mir Zugang zur Welt ermöglicht, uns unsere Umgebung mit allen Sinnen erfahren lässt.“


Riot don’t diet!
Aufstand der widerspenstigen Körper
von Elisabeth Lechner

Kremayr & Scheriau
192 Seiten
22 Euro

 

Beitragsbild: © Mercan Sumbultepe

Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.

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