Doris Knecht beweist mit Ja, nein, vielleicht einmal mehr, dass sie eine scharfe Beobachterin menschlicher Beziehungen und ihrer kleinen wie großen Verirrungen ist.
Ihr neuer Roman liest sich leichtfüßig, pointiert und zugleich klug – eine Mischung, die schon nach wenigen Seiten den vertrauten Sog entfaltet, den man aus ihren früheren Büchern kennt.
Doris Knecht beweist mit Ja, nein, vielleicht einmal mehr, dass sie eine scharfe Beobachterin menschlicher Beziehungen und ihrer kleinen wie großen Verirrungen ist. Ihr neuer Roman liest sich leichtfüßig, pointiert und zugleich klug – eine Mischung, die schon nach wenigen Seiten den vertrauten Sog entfaltet, den man aus ihren früheren Büchern kennt. Wer will, kann sich darin wiedererkennen – mal schmunzelnd, mal zustimmend nickend, manchmal auch mit einem kleinen Seufzer. Die Protagonistin, eine Schriftstellerin, lebt in einem Häuschen auf dem Land. In die Stadt zieht es sie nur noch gelegentlich; das Landleben ist nun zur bevorzugten Lebensform geworden. Die Kinder sind flügge, eine neue Beziehung nach der Scheidung hat sich nicht ergeben.
Doch eigentlich ist sie zufrieden mit ihrer beschaulichen Routine. Ihr Hund ist ständiger Begleiter und Anlass zu ausgedehnten Spaziergängen in der Natur, und auch mit den Menschen in ihrer Umgebung hat sie ihren Weg gefunden. An dem Tag jedoch, an dem sie im Supermarkt einem alten Freund begegnet, gerät diese Ruhe ins Wanken. Die inneren Dialoge, die Knecht ihrer Protagonistin schreibt, sind nachvollziehbar – und doch will man ihr manchmal zurufen, sie möge sich nicht selbst im Weg stehen. Sie pendelt sie zwischen alten Sehnsüchten und neuen Realitäten, zwischen Lust und Vernunft, Kopf und Bauch – zwischen „ja“, „nein“ und eben „vielleicht“.
Besonders gelungen ist das Ende: Die Art, wie die Protagonistin mit dem unerwartet wiederaufgetauchten Friedrich umgeht, wirkt einerseits zögerlich und gefühlsverwirrt, andrerseits erfrischend klar. Anfangs noch unsicher und schwankend, findet sie doch die Kraft, Haltung zu zeigen. Statt in eine Nostalgiefalle zu tappen, bewahrt sie die klare Sicht auf das, was ihr Leben ausmacht.
Ein Roman, der charmant unterhält, zum Nachdenken anregt und schließlich das gute Gefühl hinterlässt, dass ein entschiedenes „Nein“ manchmal das stärkste „Ja“ zu sich selbst ist.
Ja, nein, vielleicht
von Doris Knecht
Hanser Berlin 2025
Euro 24,70
Beitragsbild: © Heribert Corn
Nini schreibt, fotografiert und bloggt digital.
Mag aber auch analog noch immer.
- Nini Tschavollhttps://www.madamewien.at/author/nini/
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