Endlich verliebt!

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Joachim Meyerhoff fotografiert von Ingo Pertramer

Mit der „Zweisamkeit der Einzelgänger“ veröffentlicht Joachim Meyerhoff nun den vierten Teil seiner Autobiografie, die er Roman nennt. Meyerhoff, hauptberuflich Schauspieler und seit vielen Jahren geniales Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters, hat 2011 mit „Alle Toten fliegen hoch – Amerika“ nicht nur sein literarisches Debüt vorgelegt, sondern auch den ersten Teil seiner Autobiografie veröffentlicht. Darin erzählt er von seinem USA-Aufenthalt als Austauschschüler, seinen Erfahrungen als Jugendlicher und von einem schweren Verlust.

Der zweite Teil, „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“, folgte zwei Jahre später und beschreibt seine Kindheit als Sohn des Direktors einer Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Im November 2015 veröffentlichte er den dritten Band mit dem Titel "Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke" , in dem er sein Leben zwischen Schauspielschule und dem skurrilen Alltag seiner Großeltern schildert.  Nun erschien – von seiner mittlerweile riesigen Fangemeinde sehnsüchtig erwartet – der vierte Teil der Autobiografie. Sie beginnt genau dort, wo der dritte aufgehört hat:

Der inzwischen dreiundzwanzigjährige Jungschauspieler Meyerhoff begibt sich nach Bielefeld ans Stadttheater und damit an den Beginn einer langen Reihe von Niederlagen. Nach einer missglückten Aufführung von „Romeo und Julia“ trifft der stabil erfolglose Mime auf der Premierenfeier Hanna, eine äußerst intelligente aber zu Aussetzern neigende Studentin und verliebt sich heftig in sie. Das eigenartige Mädchen mit den riesigen Zähnen, der platten Nase und den kurzen Haaren wird die erste große Liebe seines Lebens. Sie erschließt ihm die Welt der Literatur, fordert ihn in endlosen Diskussionen und wird seine härteste Kritikerin.

Einige Woche später tritt zudem die Tänzerin Franka in sein Leben. Mit dem trinkfreudigen, aber völlig unkommunikativen Mädchen verbringt er fortan seine Nächte. Um nicht „vor ihr zu ermüden“, besorgt sich der Ich-Erzähler das Medikament „HALLOO WACH“. Nun kann er zwar problemlos die Nächte durchfeiern, doch er magert ab und bald beginnt man, ihm seinen exzessiven Lebenswandel auch anzusehen. Gottseidank gibt es da noch die dickliche Bäckerin Ilse, die ihn im Morgengrauen in ihrer warmen Backstube mit Puddingmonstern und Rumkugeln aufpäppelt ...

Es scheint nachvollziehbar, dass die Gleichzeitigkeit der Ereignisse physisch und logistisch kaum zu meistern ist, doch trotz gelegentlicher moralischer Skrupel geht es dem Jungschauspieler so gut wie nie. „Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass so viel Leben in so wenig Zeit passte.“ (...) Ich genoss es, über jeden einzelnen Tag, jede einzelne Nacht Benzin zu gießen und Stunde und Stunde lichterloh abzufackeln.“

Joachim Meyerhoff fotografiert von Ingo Pertramer

Ganz abgesehen davon, dass der Meister der Metapher mit diesem „Roman“ einen ganz wunderbaren Einblick in den Theaterbetrieb gibt, ist auch die Geschichte über die gleichzeitige Liebe zu drei sehr unterschiedlichen Frauen äußerst lesenswert. „Die Zweisamkeit der Einzelgänger“ ist vielleicht nicht mehr so extrem witzig wie seine drei bisherigen Bücher, dafür fehlt diesmal die Traurigkeit, die immer in Balance mit seinem Humor stand. Denn die Verzweiflung des Jungschauspielers über seine Talentlosigkeit und sein Ungenügen wird dadurch gemildert, dass der Leser ja weiß, welch großartiger Schauspieler letztendlich aus ihm geworden ist. Wie sich hingegen sein Liebesleben weiter entwickelte, wird er uns hoffentlich in einem seiner nächsten Bücher verraten!


Die Zweisamkeit der Einzelgänger
Joachim Meyerhoff
Kiepenheuer & Witsch, Köln
352 Seiten
ISBN 978 3 462 049442

24,70 EUR

Christine liebt Bücher und schöne Dinge und treibt sich leidenschaftlich gerne in Buchhandlungen herum.

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