Name: Karina Rey, als Schauspielerin bekannt als Karina Thayenthal, geboren 1961 in
St. Gallen, aufgewachsen in Wien und Mödling. Unterrichtet interkulturelle Kommunikation an der Diplomatischen Akademie in Wien, ist Trainerin, Speakerin sowie Autorin und lebt in der Nähe von Bern (CH).
Gerade Frauen hinterfragen sich häufig. Kann ich das? Schaffe ich das? Bin ich gut genug? Den Auslöser für ihr aktuelles Buch „Meine Zweifel können mich mal“, fand Karina Rey in ihrer täglichen Trainerinnentätigkeit. Wenn die ehemalige Schauspielerin nicht in Wien interkulturelle Kommunikation unterrichtet, berät sie Menschen, die öffentliche Auftritte haben – sei es ein Bewerbungsgespräch, das Halten einer Rede oder Präsentation: „Ich habe festgestellt, dass meine Klient:innen immer wieder gewisse Zweifel und Ängste nennen. Sie sind deckungsgleich mit jenen, die ich während meiner Karriere als Schauspielerin hatte.“
Bis 2012 wirkte Karina Thayenthal, heute Rey, in hunderten Filmen mit und spielte auf deutschsprachigen Bühnen, u.a. am Schauspielhaus in Frankfurt (Hauptrolle in „Geschichten aus dem Wienerwald“), ebenso im Volkstheater in Wien. Bühne, Rampenlicht, Publikum und plötzlich… piepsige oder versagende Stimme, Lampenfieber, mangelnde Struktur, schlotternde Knie und zitternde Hände, Kurzatmigkeit – alles Symptome, die ihre Klient:innen als Hindernis für einen gelungenen Auftritt ins Feld führen.
Gräbt die Trainerin mit ihnen gemeinsam weiter, tauchen darunter verlässlich Ängste und Zweifel auf. Die Angst nicht zu genügen, die Angst es nicht zu schaffen, die Angst zuviel oder das Falsche von sich zu zeigen. Ganz besonders tiefgehend: die Angst nicht geliebt zu werden. Frauen sind mehr davon betroffen: „Studien zeigen, dass sich Frauen nur für Jobs bewerben, wenn sie 100 % der in der Ausschreibung geforderten Fähigkeiten und Erfahrungen bereits vorweisen und belegen können. Männer bewerben sich einfach, auch mit nur 60% Qualifikationslevel.“
Während die Angst in unserem Leben tatsächlich eine Aufgabe hat, sind Zweifel im Kopf zu Hause. Unsere eigenen, wohlgenährten kognitiven Konstrukte. Angst soll verhindern, dass wir leichtsinnig und rasch aus dem Leben scheiden. Sie will, dass wir Warnsignale ernst nehmen und uns in gewisse Situationen nicht hineinbegeben. (siehe auch Die Angst ist eine hochmotivierte Mitarbeiterin). Es geht also eher darum, Emotion in ihrer berechtigten Funktion der Kontrolle nicht überhand nehmen zu lassen, ihr nicht das Steuerrad zu überlassen. Wir können sie meist nicht ganz auflösen, aber lernen mit ihr zu leben.
Warum sind Zweifel so mies? Sie machen uns klein: „Es ist wichtig sie zu überwinden, um überhaupt in unser Potenzial und unsere Kraft zu kommen.“ Frauen bekommen da wohl einiges mit in die Wiege gelegt, meint die Autorin. Sie werden beeinflusst von Rollenbildern: „Viele von uns sind mit zweifelnden Müttern aufgewachsen und Vätern, die uns zu wenig hochgehoben haben. Wenn wir als Kind nicht erfahren haben, dass wir etwas wert sind, ohne etwas leisten zu müssen – optisch, mit Siegen oder Diplomen – dann laufen wir dem ein Leben lang nach.“
Karina Rey will mit ihrem Buch erreichen, dass Frauen mutiger werden: „Wir müssen lernen, dass wir sehr wertvoll sind, ohne etwas zu leisten. Dass wir uns Liebe nicht erkaufen müssen. Und das fängt damit an, „dass wir uns erst einmal selbst viel Liebe geben und viel Raum nehmen. Erst wenn wir uns selbst wertschätzen können, können wir auch andere wertschätzen.“
Das Buch ist voller Übungen für Kopf und Körper, denn diese steuern und beeinflussen sich gegenseitig. Karina Rey hält es nicht auf dem Sitz. Sie springt auf, um zu zeigen was beim Warten auf ein Bewerbungsgespräch klug wäre. Mit verknoteten Beinen, vorgebeugt sitzen und TikTok durchscrollen, bis man aufgerufen wird? Da wird es schwer sich zu zeigen, seinen Platz einzunehmen und aufrecht zu sitzen. Besser im Stehen warten und unauffällig aufdehnen. Oder am Klo einsperren und 60 Sekunden eine Powerpose einnehmen, dabei völlig übertrieben grinsen. Nimmt man dann Platz, ist Raum für eine gute Präsenz, die sich nicht übertrieben anfühlt.
Ein tolles Buch zum Üben: Wie bin ich privat, wenn mir wirklich wohl ist, und was nehme ich davon in eine öffentliche Situation mit? „Wenn wir uns im privaten Rahmen beobachten, was Stimme, Atem oder Hände machen, können wir versuchen das mitzunehmen. Das macht uns auch im Auftritt authentisch.“ Es ist gerade unsere menschliche und verletzliche Seite, die das Gesamte ausmacht, das Persönliche, das Nahbare und das Spannende. Für jede und jeden gibt es passende und stimmige Gesten und Akzente – „Wir brauchen keine Abziehbilder!“
Das Buch startet stark mit Karinas 17-jährigem Ich, das eine Anzeige wegen Drogenkonsum und Gruppensex am Hals hat. Vom eigenen Vater. Mutter und Opa waren gerade gestorben, das Scheidungskind ziemlich durch den Wind, aber nicht im Sinne der Anzeige. Sie wollte nicht ins Heim, sondern vor Gericht großjährig gesprochen werden – ihr Leben in die eigenen Hände nehmen. Und das gelingt ihr. Ihre Biografie wird ziemlich bunt: Sie lernt schauspielern und tut das mit großem Erfolg, heiratet früh zum ersten Mal, insgesamt zwei Mal, hat drei Kinder und wechselt ihre beruflichen Rollen mehrmals. So arbeitet sie auch als Gemeinderätin in der Schweiz, als Kommunikationsleiterin in Kamerun bei einem Brunnenbauprojekt und nun eben als Trainerin, Dozentin, Speakerin und Autorin.
Nur weil sie sich im Buch und im Gespräch so offen zeigt, traut sich MadameWien die nächste Frage zu stellen: „Bist Du ein Chamäleon, das sich anpassen kann, stecken viele verschiedene Talente in Dir oder war die Karriere bisher eine lange Metamorphose zu Dir selbst?“ „Wenn ich das wüsste“, lacht Karina und denkt kurz nach: „Ich habe den Beruf Schauspielerin gewählt, weil ich Menschen so spannend finde. Es hat mir viel Spaß gemacht, andere Charaktere zu spielen. In andere Leben und Zeiten einzutauchen, mich in jemanden hineinzuarbeiten, der ganz anders ist als ich.“ Parallel hat sie immer auch andere Sachen gemacht, in einem Verlag gearbeitet, oder in der Flüchtlingshilfe und sich permanent weitergebildet.
Ihr Antrieb stets – und eine Tatsache –, dass wir nur ein Leben haben. Sie war erfolgreich, hat den Deutschen Fernsehpreis bekommen, hundert Rollen gespielt und „angefangen mich zu wiederholen, mich an mir gelangweilt.“ Bei ihrem starken Interesse an Menschen schließt sich der Kreis: „Das Leben hat sich mir angeboten und ich habe zugegriffen.“ Also leitete sie fünf Jahre in Kamerun ein Trinkwasserprojekt. Später lebt sie noch einmal zwei Jahre in Indonesien: „Ich habe nicht die Sicherheit gesucht, auch wenn ich sie manchmal vermisste habe, sondern das Leben.“
Wenn sie vor wichtigen Entscheidungen steht, dreht Karina Rey zehn Jahre in die Zukunft und überlegt, was wohl im Rückblick der spannendere Weg wäre: „Ich möchte stets das Gefühl haben, es zumindest probiert zu haben. Gleichsam mit aller Energie ins Glück oder auf die Schnauze fliegen.“ Ihre Sehgewohnheiten auf die Welt und die gerasterte Weltkarte haben sich verändert. „Zu verstehen, dass wir nicht der Nabel sind, ist im internationalen Dialog ein wichtiger Blickwinkel, den ich in Wien unterrichte. Vielleicht schreibe ich das nächste Buch über interkulturelle Kommunikation.“ Doch ihre Welt ist nicht nur die der hohen Diplomatie – auch zwischen Ärzten/Ärztinnen und Pflegefachkräften braucht es das, zwischen alt und jung, um zwischen Abteilungen von Unternehmen Barrieren abzubauen, Synergien zu schaffen oder neue Räume für Dialog auf Augenhöhe und Zusammenarbeit zu öffnen.
Es ist ein großes Vergnügen – nicht nur im Buch - Karina Rey beim Aufbauen von Brücken zuzuschauen, beim Ermutigen, beim Hinfallen und wieder Aufstehen. Wie würdest Du Deine Beziehung zu Wien beschreiben? Ich bin in Wien aufgewachsen, in der Nähe der Burggasse, aber es war damals noch etwas grau und grausig. Heute ist es strahlend schön und blühend. Ich bin leidenschaftlich gerne hier, etwa fünf Mal im Jahr, wenn ich meine Ziehfamilie in Mödling besuche. Ich liebe Kaffeehäuser und Heurige, habe es gerne gemütlich, mag den Schmäh und das Morbide. Ich bin mit Musik aufgewachsen und Wien ist einfach ein wunderbarer Kulturort. Diese Qualität von Stadt gibt es nicht in der Schweiz, die Geschichte wabert hier aus den Kanaldeckeln heraus.
Was liest du aktuell? “Half of a Yellow Sun” von Chimananda Ngozi Adichie
Was war deine Lieblingsrolle? Viele. Vor allem Frauen, die sich für etwas stark machen.
Dein allerliebster Mutmachsong? „I will survive” von Gloria Gaynor
Für welchen Verein schlägt dein Herz? BPW- Business and Professional Women, Frauen stärken, vernetzen und gemeinsam wachsen – das ist echte Inspiration.
Wien schmeckt und riecht nach...? Einem guten Glaserl Wein, orientalischen Gewürzen, Kaffeehaus-Melancholie und italienischem Dolce Vita.
Was isst du am liebsten in Wien? Knödel aller Arten, salzig und süß
Was zeigst du Gästen in Wien? Das kommt auf die Gäste an. Ein Stückerl altes und ein Stückerl junges Wien.
Wo entspannst du dich am besten? Bei einem Glas Wein in den Hügeln im Westen mit Blick auf die ganze Stadt.
Gibt es Plätze oder Orte in der Stadt, die dich inspirieren? Rund um den Spittelberg, im Augarten, am Donaukanal und natürlich am Naschmarkt, wo die Stadt nach Leben duftet.
Dein Lieblingsort? Wenn im Sommer die Staatsoper ihre Opern auf einer großen Leinwand projiziert und ich einfach vorbeigehen kann – ein bisserl zuhören, staunen und für einen Moment in eine andere Welt eintauchen.
Dein Lieblingswort? „Powidl“, die beste Zwetschkenmarmelade der Welt und gleichzeitig die charmanteste Weise um zu zeigen, dass mir etwas wurscht ist. Oder: „Gschistigschasti“, so ein herzlicher Ausdruck für unnötiges Zeug.
Was möchtest du Wien ausrichten? Du bist charmant, widersprüchlich und kannst wunderbar raunzen. Jetzt mach’ mehr Platz für Leichtigkeit, Freude und neue Stimmen. Sei weniger autoritätsgläubig und steh’ mehr zu deinem Eigenen – zu deiner Meinung, deinem Schmäh und deinem unverwechselbaren Charakter.
BUCHTIPP
Meine Zweifel können mich mal
Wie du selbstbewusst auftrittst und alle überzeugst
von Karina Rey
Campus Verlag 2024
221 Seiten
26,50 Euro
Fünf Lektionen aus dem Buch
Das woran wir glauben, bestätigen wir. Das, was wir suchen, finden wir.
Indem wir aufhören zehn Dinge gleichzeitig zu tun, bekommt eine Sache wieder ihren wahren Wert.
Es ist deine Umwelt, die dich prägt. Schaff dir eine Umwelt, die dir, deiner Seele und deinem Körper guttut.
Wenn die Bedeutung deiner Botschaft in dir größer wird, als deine Zweifel, besitzt du die ideale Energie, um andere zu überzeugen.
Aufmerksamkeit wird dir nicht gegeben, du musst sie dir schaffen!
Denke daran, dass deine Vergangenheit dich geprägt hat, zugegeben, aber sie muss nicht deine Zukunft definieren.
TIPP:
Karina Rey liest am 20. Februar 2025 in der Buchhandlung Thalia in der Mariahilferstraße 99, 1060 Wien
Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.
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Astrid Kuffnerhttps://www.madamewien.at/author/astrid/
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Nini schreibt, fotografiert und bloggt digital.
Mag aber auch analog noch immer.
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Nini Tschavollhttps://www.madamewien.at/author/nini/
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