Heile mich!

© Stefan Hauer

Uraufführung im Rahmen von 30 Jahre aktionstheater ensemble


Die Verletzlichkeit des Menschen ist ein wiederkehrendes Motiv in Martin Grubers Inszenierungen. Auch diesmal leiden seine Darstellerinnen unter ihr. Aber sie leiden auch an Eifersucht, Geltungsdrang und Verlustängsten. Nicht mehr oder weniger als Empathie verlangen sie, Gehör finden, jemanden, der sie ihrer Gesamtheit als Individuum wahr nimmt. Nur scheinen es die Menschen heute nicht mehr so mit dem Zuhören zu haben, das unreflektierte Betexten des Gegenübers mit eigenen Befindlichkeiten ist modern.

Die exaltierten DarstellerInnen füllen die Bühne des Werk X mit aufdringlicher Präsenz bis auf den letzten Zentimeter. Das zerzauste Gothic-Girl Kirstin hüpft, springt, tanzt. Sie hat sich in einen schönen blauäugigen Mann verliebt. Das ist so wunderbar, dass sie ganz und gar vergißt, auf Ferdi, den Kater ihrer verreisten Freundin Susanne aufzupassen. Als diese zurückkehrt, ist das arme Tier verhungert. Das löst eine veritable Freundschaftskrise aus und führt Susanne das Spiegelbild ihrer Einsamkeit vor Augen.

Und dann ist da Isabella, die Unbeachtete. Die ihre Freundin dafür beneidet, dass sie von ihrem blauäugigen Freund Eichhörnchen genannt wird. So etwas hätte sie auch gerne, aber sie ist und bleibt immer das dritte Rad am Wagen. Und nun ringt sie mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln um Aufmerksamkeit und Zuneigung. Auch um die des Publikums, welches sie schlußendlich auf skurile Weise zu berühren vermag.

Die Präsenz und die mimische Darstellung der drei Darstellerinnen ist durchgehend phänomenal. Die Männer auf der Bühne sind zum einen in Form der Band für (Begleit-)Musik im Stile Nick Caves zuständig. Die Rollen der anderen bleiben unklar. Ebenso unbeantwortet die Frage, warum nur die Frauen auf der Suche nach Heilung einen (Seelen-)Striptease auf der Bühne hinlegen.

Heile mich! ist eine Bestandsaufnahme einer narzisstischen Gesellschaft, die der Einsamkeit zu entkommen versucht. Ein unglaublich dichtes Stück Gesellschaftskritik, inhaltlich wie musikalisch, Chapeau!

Inszenierung: Martin Gruber
Dramaturgie: Martin Ojster

Besetzung:
Susanne Brandt
Isabella Jeschke
Kirstin Schwab

Andreas Dauböck
Klaus Hämmerle
Michael Lind
Ernst Tiefenthaler
Emanuel Preuschl

Musik: Dun Field Tree


Weitere Vorstellungen
31.01.2020
01. und 02.02.2020
Beginn jeweils um 19:30 Uhr

Karten:
WERK X
Oswaldgasse 35 A
1120 Wien

Nini schreibt, fotografiert und bloggt digital.
Mag aber auch analog noch immer.

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