Ein Sommer mit dem Regiegenie

In seinem neuen Roman nähert sich Jonathan Coe dem Star-Regisseur Billy Wilder über einige Umwege, aber die erhöhen bekanntlich die Ortskenntnis.

Vordergründig geht es um die Griechin Calista, die als junge Frau durch einen seltsamen Zufall den Exil-Wiener, der seinen Zenith bereits überschritten zu haben scheint, bei einem Abendessen trifft.

In Rückblenden arbeitet sich der Autor von Calistas aktuellen Herausforderungen im Leben zurück zum Sommer der Dreharbeiten zu Wilders vorletztem Film „Fedora“, wo die junge Athenerin als Dolmetscherin dabei ist und in der Gegenwart Filmmusik komponiert. Abwechselnd kommt man in dem Buch Calista auf ihrer Suche nach Orientierung nahe, dann wieder dem von den Nazis vertriebenen Künstler und seinem langjährigen Drehbuch-Partner Iz. Man erfährt viel über Wilders Prinzipien, seine Arbeitsweise, was ihn geprägt hat, wie er überlebt hat (und mit seinem Überleben kämpfte), wie er von jungen Regisseuren überholt wird und wie er in seinem Herzen Europäer blieb.

Standesgemäß ist ein Teil des Buches auch in Drehbuchform mit Regieanweisungen abgefasst. Und wenn man es fertig gelesen hat, kann einen die unbändige Lust überkommen ,ein bis zehn von Billy Wilders Meisterwerken (wieder) anzuschauen. Und das Haus am Fleischmarkt zu besuchen, in dem er in Wien gelebt hat.


Mr. Wilder & ich
von Jonathan Coe
Folio Verlag
280 Seiten
22 Euro

Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.

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