Eunsun-Shi, genannt Sunny, ist nicht in sonniger Gemütsverfassung. Wir steigen ein, als die Tochter koreanischer Eltern in Berlin nach zehn Jahren wieder ihre Freundin Ha trifft, die sie sehr bewundert. Mit Ha ist Sunny einige Zeit aufgewachsen.
In der Coming-of-Age Geschichte beobachten wir atemlos, wie es die 26-jährige Protagonistin herumreißt – nicht nur an den traditionellen Fest- und Trauertagen, die tief in der Geschichte Koreas wurzeln. Zwischen den Erwartungen der Eltern und den kulturellen Regeln, die diese ungeprüft von den eigenen Eltern übernommen haben.
Als Teenager wird Sunny von der geförderten zur „gefallenen“ Tochter. „Der Eingriff“ wie es über viele Seiten heißt, wirkt nach. Im Kontakt mit Mutter, Vater, aber auch Freunden und Freundinnen sowie in diversen Beziehungskisten meinen die einen zu wissen, wer Sunny ist und was Sunny braucht.
Die anderen halten sie für unvollständig, ihr fehlt etwas. Wieder andere glauben zu wissen, womit Sunny kämpft. Auf wen kann sie sich verlassen, außer auf sich selbst? Wird Sunny sich freistrampeln und ihre Depressionen zurückdrängen? Wird sie ihre Konturen finden und diese vollständig ausfüllen?
Zwischen Chuseok-Fest, der Geschichte der „Trostfrauen“, einer Turnhalle und Suppekochen tobt Sunny und rastet sich aus – auf der Suche nach sich selbst. Vielleicht wird es ihr helfen, sich endlich in alle Richtungen anzupassen. Vielleicht wird es ihr mehr helfen, sich mit Cognac zu bedröhnen. Aber wie so oft ist – gerade für Frauen – die Grenze zwischen Selbstentfaltung und Egotrip sehr schmal.
Oh Sunny
von Ta-Som Helena Yun
Leykam Verlag
256 Seiten
24,50 Euro
Beitragsbild: © Stephanie Wacker
Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.
- Astrid Kuffnerhttps://www.madamewien.at/author/astrid/
- Astrid Kuffnerhttps://www.madamewien.at/author/astrid/
- Astrid Kuffnerhttps://www.madamewien.at/author/astrid/
- Astrid Kuffnerhttps://www.madamewien.at/author/astrid/