Nach „Ich bleibe in der Stadt und verreise“ legt Oskar Aichinger im Picus Verlag einen Band über die Ränder Wiens vor.
Der Komponist, Jahrgang 1956, erkundet den Stadtrand zu Fuß und liefert so ein entschleunigtes Crossover aus Wanderführer und Stadtplan, angereichert mit Gastro-Expertise und Geschichtswissen.
Um die Strecken eins zu eins nachzugehen, ist das Buch für Ortsunkundige nicht detailreich genug. Aber wer ohne Navi geht, holt sich Müßiggang und dosiertes Abenteuer zurück ins Leben.
Aber wer ohne Navi geht, holt sich Müßiggang und dosiertes Abenteuer zurück ins Leben. Eine Inspiration für den Sonntagsspaziergang ist der Band allemal. Man kann gleich vorne beginnen, denn Aichinger startet auch am Ende vom Winter. Er ist ein präziser Beobachter, botanisch-ornithologisch beschlagen, ein Menschenfreund und Sprachkönner, der mit seiner Innenschau gleichzeitig das innere Wesen und Wirken der Stadt und ihrer BewohnerInnen seziert.
Von der Panozzalacke bis zum Bisamberg, vom Roten Berg bis zur Friedhofstribüne umkreist er die Stadt klimaschonend mit den Wiener Linien und auf Schusters Rappen. Der Autor hat gerne ein Lexikon der Straßennamen dabei und auch diese lassen Geschichte lebendig werden. Selbst Wien-Kennerinnen können hier noch Neues erfahren. Wem ein Lexikon zu schwer ist, kann jederzeit online nachschlagen, wenn es Netz und Datenvolumen hergeben.
Die Insignien des Wieners? Laut Oskar Aichinger „ein kräftiges Ego, Witz, Schläue, Grant, Schlagfertigkeit, gewürzt mit Arroganz und einer Prise Sentiment“.
Fast hätt ich die Stadt verlassen. Vom Gehen und Verweilen an den Rändern von Wien
von Oskar Aichinger
Picus Verlag 2020
192 Seiten
Euro 20
Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.