Nini schreibt, fotografiert und bloggt digital.
Mag aber auch analog noch immer.
An der Spitze ist es einsam

Der Rahmen für „Hotel Weitblick“, den neuen Roman von Renate Silberer, ist für Spannung gut gesteckt.
Die Handlung ist auf drei Tage komprimiert, ein Kammerspiel im Landhotel mit dem Seminarraum „Harmonie“, drei mögliche Nachfolger und als Königsmacher Marius Tankwart, in den Top-50 einer der erfolgreichsten Consultants, jetzt aber in der Sinnkrise auf dem Sprung nach Mexiko in ein selbstbestimmtes Leben.
Als dauerhafter Subtext wird aufbereitet, was Johanna Haarer mit ihrem lieblosen NS-Erziehungsratgeber-Bestseller in der Kriegs- und auch Nachkriegsgenerationen angerichtet hat.
Nur einer kann neuer Agenturchef werden. Annette, die mit Hustenreiz, ihrer „Neverfull“ von Louis Vuitton und unerfülltem Kinderwunsch rauft. Horst, der unter dem Namen „Bahamas Joe“ Onlineforen aufmischt, SUV fährt und dem langsam dämmert, dass er sich vielleicht doch mal fix binden sollte. Und Helmut, Familienvater mit Essstörung und Lauftick, dessen Familie gut ohne ihn klarzukommen scheint.
Es ist amüsant zu lesen, wie die Autorin den Beratersprech seziert und das Assessment-Seminar samt den Idealen des Kapitalismus aus dem Ruder laufen lässt. Beschädigte Alphatiere unter sich. Leider zieht sich der Roman im letzten Drittel ein wenig. Doch ab dem Polizei- und Rettungseinsatz wird es wieder rasant...
Hotel Weitblick
von Renate Silberer
Kremayr & Scheriau
240 Seiten
20 Euro
Nini schreibt, fotografiert und bloggt digital.
Mag aber auch analog noch immer.