Marika Rökk, Zarah Leander, Kristina Söderbaum und Lída Baarová: an diesen vier Filmstars der UFA zur Zeit des NS-Regimes macht Evelyn Steinthaler ihre Analyse des Zusammenspiels von Kunst und Macht fest.
Weil so viele jüdische und jüdisch „versippte“ Stars, Regisseure, Komponisten flüchten mussten oder ins Lager geschickt wurden, waren die Nazis auf der Suche nach neuen Gesichtern.
Für das blonde, duldsame, fruchtbare und saubere Ariermädchen ebenso, wie für ihren Gegenpol. Schließlich konkurrierte man in der Spielfilmproduktion mit Hollywood.
Zarah Leander wurde später als queere Ikone gefeiert. Marika Rökk tanzte noch viele Jahre nach 1945 durch das sonntägliche TV-Programm. Wie Leander kam Kristina Söderbaum ursprünglich aus Schweden. Baarová kam aus Tschechien – alle vier mussten also für die Tonfilmkarriere erst Deutsch lernen. Sie genossen Privilegien und dienten der Propaganda, orchestriert von Joseph Goebbels.
Es geht Steinthaler nie darum, aus der bequemen Perspektive der Nachgeborenen über die vier Frauen zu urteilen. Sie verfolgt die individuellen Biografien, wo die Frauen eingestiegen sind, wo sie abbiegen hätten können und ihre Netzwerke. Sie berichtet, wie die vier Filmdiven später über diese Zeit sprachen. Und über Stars, die sich dem Regime nicht in der Form unterworfen hatten. Richtig hässlich wird es, wenn Steinthaler darlegt, dass auch KZ-Insassen als Statist:innen und Double bei Dreharbeiten eingesetzt wurden und die Leibgarde von Adolf Hitler als Blumenmädchen auftrat.
Nicht gewusst haben und unpolitisch gewesen sein wird sehr schwer nachvollziehbar. Zum Abschluss führt die Autorin ihre Überlegungen in der Jetztzeit weiter, die ein Minenfeld für Stars bleiben.
Schau nicht hin
Kunst als Stütze der Macht - Die Geschichte der Diven des NS-Kinos
von Evelyn Steinthaler
Kremayr & Scheriau
205 Seiten
25,95 Euro
Beitragsbild: Marika Rökk/Wikipedia
Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.