Schmetterlinge fängt man nicht

“My, my, my, Delilah
Why, why, why, Delilah”

Ob Autorin Sandra Weihs, Jahrgang 1983, mit den Lyrics von Tom Jones’ „Delilah“ vertraut ist, weiß Madame Wien nicht.

Sie passen jedenfalls auf die junge Hauptfigur des Romans, die unbekümmert wie ein Schmetterling allen in der Klasse den Kopf verdreht, das Leben auf einem verrottenden Kinderspielplatz für Maturierende aufregend macht und das eine Jahr ihrer Präsenz unvergessen.

Delilah ist jener Name, den sich die junge Frau selbst gibt. Mit der alttestamentarischen Figur, der von den Philistern bestochenen jungen Frau, die das Geheimnis von Samsons Stärke herausfindet und ihm die Haare abschneidet, hat sie gar nicht so viel zu tun. Aber ein Allerweltsname ist das nun wirklich nicht. Erzählt wird die Geschichte der einjährigen Freundschaft von Penelope (auch so ein mythischer Name, sie wartet jahrelang auf ihren Mann Odysseus).

Der schmale Band erzählt, wie Delilah in das Dorf kommt und Außenseiter zu Freunden macht. Wie sie die Erzählerin lehrt lauthals zu lachen und barfuß mit geschlossenen Augen zu tanzen, als ob niemand zusähe. Wie sie verstoßen wird und wieder weiterzieht. Vermutlich kennt jeder so eine Delilah, die man insgeheim beneidet um ihre Leichtigkeit, Schönheit und Vielseitigkeit. Einen Schmetterling, der selbstvergessen flattert, bezaubert und nur sich selbst gehören kann. Der für jeden eine andere Rolle spielt und drei Arten zu lachen kennt, von der das „Was-soll-schon-passieren-Lachen“ wohl das Reizvollste ist.

Schöne kompakte Geschichte über junge Jahre, Flaschendrehen, erste Liebe, Selbstfindung und Betrug.


Delilah
von Sandra Weihs
Czernin Verlag 2020
112 Seiten
18 Euro


© Beitragsfoto: Nico Laurin Grabner

Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.

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