Name: Bernhard Ehrlich, geboren 1965 in Wien, hat den Verein 10.000 Chancen initiiert und wohnt in Wien Döbling.
Die Grundlage für das, was Bernhard Ehrlich macht, ist ein riesiges Netzwerk. Darin werden politische Entscheidungsträger, NGOs, Medienmacher, Sponsoren, Firmen und Konzerne, eine Menge begeisterungsfähige Menschen und eine große Internet-Suchmaschine miteinander verwoben. Dann zieht er, weil er es kann, die Fäden und bringt mit seiner Initiative zusammen, was zusammen gehört: Arbeitswillige und Arbeitgeber.
Durch 10.000 Chancen bekommen sie die Möglichkeit, einander unkompliziert zu daten und zu beschnuppern. Stößt der Netzwerker dabei an Grenzen, weckt das erst recht seinen Ehrgeiz. Denn das Motto des ehemaligen Managers aus der Medienbranche lautet: alles ist möglich, wenn man es schafft, Menschen zu motivieren und zu begeistern.
Die Idee zur Initiative 10.000 Chancen entstand im Spätsommer 2015. Bei einem Kaffeehausgespräch sinnierte Bernhard Ehrlich mit einem Freund darüber, wie man die geflüchteten Menschen, die in Österreich bleiben wollten, schneller in Jobs bringen könnte. „Meine Idee war schon damals: die Leute möglichst rasch zu beschäftigen, sie nicht zu Sozialhilfeempfängern zu machen. Also gleich von Anfang an das Mindset zu ändern“, erzählt Bernhard Ehrlich rückblickend. „Kurz darauf war die Vision klar: Wir vermitteln 10.000 Arbeitsplätze. Schnell, unbürokratisch und zu 100 Prozent zufriedenstellend für Wirtschaftstreibende und Arbeitssuchende.
Dann ging es Schlag auf Schlag: Ein Wirtschaftsmagazin brachte eine große Geschichte dazu, andere Medien meldeten sich, Google (!) klopfte an und wollte dabei sein. Das Projekt rollte an, „die Infrastruktur konnte anfangs kaum mit dem Tempo mithalten“, erzählt der Macher Bernhard Ehrlich.
Die freigesetzten Kräfte verlangten bald seine volle Aufmerksamkeit. Deswegen hängte er 2016 den gut bezahlten Job an den Nagel, um sich ganz auf 10.000 Chancen fokussieren zu können. Seine Freunde rieten ihm ab. „Sie hielten meine Idee für irre. Da gab es schon Momente, wo man nachts im Bett liegt und sich fragt, was man da eigentlich macht. Aber es war genau die richtige Entscheidung“, blickt Ehrlich zurück auf das Jahr, in dem er begann, im großen Arbeitsmarkt-Konzert mitzurocken.
Am Anfang hielt er in den Flüchtlingsheimen der Volkshilfe Ausschau nach arbeitswilligen jungen Menschen mit Aufenthaltsstatus. Er entwickelte Kriterien, die einen gemeinsamen Nenner schaffen: Wer Sprachniveau Deutsch B1, 100 Prozent Arbeitswillen und eine gültige Arbeitserlaubnis hat, kann seine Vorbereitungstrainings besuchen. Diese hält er mittlerweile im großen Rahmen ab. Sie fordern den jungen Menschen Disziplin und Willensstärke ab. „Manchmal haben mich Pädagogen, die bei solchen Castings dabei waren, kritisiert. Sie fanden mich aus pädagogischer Sicht nicht besonders gut, was vielleicht seine Berechtigung hat. Aber es ist eben so: während eines Vorstellungsgesprächs kann ich auch nicht einfach aufs WC gehen. Und bestimmte Benimmregeln wie ein Händedruck oder Blickkontakt zum Gegenüber sind die Basics, ebenso wie ein gepflegtes Äußeres. Das Auftreten ist wichtig. Damals bin ich immer wieder in soziale Einrichtungen gegangen und hab dort Anzüge für junge Männer geholt“, erzählt Ehrlich schmunzelnd.
Weil einerseits die Zahl der Bewerber, andererseits das Interesse der Wirtschaft immer schneller wuchsen, wurden größere Hallen angemietet. Bernhard Ehrlich nennt die Veranstaltungen nun Speed-Datings. Die Jobsuchenden haben an einem Tag die Möglichkeit, 15 Bewerbungsgespräche á 4 Minuten zu führen. In dieser der kurzen Zeit präsentieren sie sich Recruitern aus Wirtschaft, Hotellerie usw. Das Ziel ist, eine Einladung für ein Vorstellungsgespräch zu bekommen.
„Darauf arbeite ich mit den Leuten hin. Zwei Wochen vor dem Termin vereinbaren wir die Zieldefinition. Die lautet etwa: am Soundsovielten treffe ich so und so viele Leute und führe erfolgreiche Gespräche mit ihnen. Die Arbeitssuchenden müssen das davor immer wieder visualisieren, um bestmöglich auf die Situation vorbereitet zu sein. So ein Tag verändert das Leben eines jungen Menschen, davon kann er unheimlich viel mit nehmen“, erzählt Bernhard Ehrlich aus seinen Erfahrungen als Motivator und Mentor.
Den Recruitern bei seinen Veranstaltungen rät er im Vorfeld, die Menschen zu sehen, wie sie sein könnten. Nicht, wie sie sich im aufgeregten Moment eines Vorstellungsgesprächs darstellen. „Oft haben wir Jugendliche dabei, die schon schlechte Erfahrungen gemacht haben, nicht genommen wurden und dadurch verunsichert sind. Ich versuche, ihnen beizubringen, dass sie ihre Bewerbungsstrategie ändern müssen, um Erfolg zu haben. Sich anzuschauen, ob nicht eine andere Lehrstelle auch eine Möglichkeit wäre. Mädchen wollen etwa noch immer viel zu wenig in technische Berufe, da ist noch viel zu tun.“
Das nächste hoch gesteckte Ziel ist eine Veranstaltung, die Bernhard Ehrlich „10.000 Chancen“ Generation Plus nennt. Dieses Job-Matching der besonderen Art findet am 4. Juni 2019 in Wien Erdberg statt. Bis zu 5.000 Menschen, die Arbeit suchen oder sich beruflich neu orientieren wollen, treffen auf 400 Recruiter aus 40 fairen Unternehmen. Langzeitbeschäftigungslose sollen so unbürokratisch zurück in die Arbeitswelt finden.
„Die Idee ist, Vorbehalte von Unternehmen durch persönliche Kontakte, direkte Gespräche und Erfahrungsaustausch abzubauen“, führt Bernhard Ehrlich aus. Er plant, ältere, arbeitswillige und -fähige Menschen einzuladen und in der Wiener Marx-Halle auf potentielle Arbeitgeber treffen zu lassen. Der Rahmen ist groß: Auf über 8000 Quadratmetern finden unzählige Erstgespräche statt, während die Bewerber in „Recruiting-Wohlfühloasen“, wie er sie nennt, locker werden und zwischendurch entspannen können.
Wo entspannen Sie selbst sich am besten? In einem Fitnesscenter im 19. Bezirk. Und beim täglichen Meditieren.
Was lesen Sie? Meinen liebsten Philosophen, Karl Popper. Wie er Themen darstellt, ist cool. Ganz wichtig ist für mich Anthony Robbins, „Das Power-Prinzip“. Das habe ich unzählige Male gelesen. Wann immer ich Motivation brauche, ist das Buch eine Hilfe. Er bringt komplexe Themen simpel rüber. Er schafft es, Menschen zu motivieren und zu begeistern.
Haben Sie einen Lieblingsort in Wien? Den sag ich nicht weiter (lacht). Ich bin aber gerne in den Weinbergen im 19. Bezirk. Wenn ich mich erden will, gehe ich in den Wald.
Was hat nur Wien? Wien hat alles für mich: viel Freude und viel Leid. Ich war an vielen Orten auf der Welt, aber es gibt kaum eine Stadt wie Wien, die alles hat. Es gibt nichts Vergleichbares. Ich habe aber auch noch nie so viele Menschen gesehen, die so melancholisch sind wie hier. Das fällt besonders auf, wenn man aus Asien zurückkommt. Es ist Teil unserer Kultur.
Ihr Wiener Lieblingswort? Der Schmäh. Das hat für mich Charme.
Wo essen Sie gerne in der Stadt? Im Ristorante Francesco in Wien Döbling.
Haben Sie eine Wiener Lieblingsspeise? Topfenstrudel.
Welche kulturellen Möglichkeiten nutzen Sie? Ich gehe gerne ins Theater in der Josefstadt.
Was möchten Sie Wien ausrichten? Die Vielfalt und die Offenheit, die Wien ausmacht, die wünsche ich mir zurück.
Nini schreibt, fotografiert und bloggt digital.
Mag aber auch analog noch immer.