Als griechische Wienerin sehr effektiv

Name: Caroline Athanasiadis, geboren 1980 in Wien, ausgebildete Musical-Darstellerin und Kabarettistin. Sie lebt mit einer griechischen und einer wienerischen Seele in ihrer Brust, ihrem Mann, zwei Söhnen und dem Hund in Ottakring und Liesing. Der Dancing Star 2021 hat eben ein Buch veröffentlicht und das neue Solo-Kabarett „Souvlaki Walzer“ am Start.


Das neue Jahr ist noch jung, aber Caroline Athanasiadis, die ihren Namen gerne auf Caro verkürzt, um phonetischen Stolperfallen vorzubeugen, steckt mittendrin in einem ausgefüllten Berufs- und Familienleben, das eigentlich 48-Stunden-Tage voraussetzen würde. Gerade tourt sie als eine der zwei „Kernölamazonen“ (mit Gudrun Nikodem-Eichenhardt) durch Österreich, hat das neues Solo-Kabarett „Souvlaki Walzer“ am Start und gemeinsam mit Michaela Riedl-Schlosser ein Buch geschrieben. Mit „Heute hab‘ ich nichts zu tun, außer...“ feiert sie berufstätige Mütter. Und das Im-Perfekt nicht als Zeitform, sondern als Lebensform.

MadameWien trifft sie zum Gespräch im Neni am Naschmarkt, weil Caro auf diesem Markt quasi aufgewachsen ist. Wir können nur hoffen, dass sie es ihrem Vater schon gestanden hat: das Hummus von Haya Molcho schmeckt ihr besser als das gröber verarbeitete griechische. Ihr Vater importierte und belieferte in den 1970er-Jahren Wien mit griechischen Spezialitäten. Doch dazu später.

Naheliegende erste Frage zweier berufstätiger Mütter von je zwei Kindern an die berufstätige Mutter von zwei Kindern: Warum haben wir immer noch Rechtfertigungsbedarf? Dass es diese Bezeichnung überhaupt gibt... „Das verstehe ich auch nicht. Ich habe sogar das Gefühl, dass es schlimmer wird. Gleichzeitig müssen wir uns noch immer unseren Platz erkämpfen – also dasselbe wie Männer etwas besser machen, um gesehen zu werden. Gleichzeitig wollen wir für unsere Kinder da sein. Das schließt sich per se nicht aus, aber es ist ein ungeheurer Druck und Stress. Männer haben ein bemerkenswertes Talent. Mein Kompliment: Sie können da viel besser abschalten und fokussieren.“

In welchem Moment hast du das Dilemma der working mum verstanden? Caro dazu: „Ich werde es nie vergessen, weil ich das so plakativ nie davor und nie mehr danach erlebt habe.“ Die Anekdote beschreibt sie auch im Buch. Es war, als sie von einem Veranstalter nach einer Vorstellung gefragt wurde, ob sie Kinder hätte: „Ich bejahte und erzählte ihm, dass mein kleiner Sohn drei Jahre alt sei. Worauf der Veranstalter ganz entsetzt reagierte und mich vorwurfsvoll fragte, wo denn mein Sohn jetzt sei und wer aufpassen würde, wenn ich so viel arbeite?“

Ihre Antwort: „Das Kind hat einen Vater.“ Was sie aber richtig auf die Palme brachte: auch der Pianist wurde nach Kindern gefragt. Er antwortete mit: „Ja, zwei.“ Die Reaktion des Veranstalters darauf war ein kurzes: „Sehr schön.“ Heute beantwortet Caroline Athanasiadis die Frage nach dem Verbleib der Kinder nicht, wenn sie dem Kollegen nicht ebenso gestellt wird. Oder nur noch triefend sarkastisch. Es gibt hier nichts ernsthaft zu erklären und die Absurdität der Weltbilder lässt sich für sie nicht anders vorführen.

Für ihr Buch „Heute habe ich nichts zu tun, außer...“ sprach sich auch mit anderen weiblichen Erwerbstätigen, viele davon ebenfalls auf den Bühnen und vor den Kameras in Österreich. Ist es anders als Künstlerin als in einem Bürojob im Konzern? „Das habe ich mich auch gefragt, aber ich denke nein. Ob Schauspielerin, Politikerin, Barbetreiberin, Supermarktkassiererin, Elementarpädagogin, Ärztin – die Probleme sind gleich. Die finanziellen Mittel für die Lösung unterscheiden sich. Die gesellschaftliche Anerkennung des Berufs spielt eine Rolle. Wenn man in der Öffentlichkeit steht, halten einfach mehr Kameras drauf.“

Eine Ärztin, die 24 Stunden Dienste hat, wird vielleicht nicht nach den Kindern gefragt. Kunst als Beruf ist für viele nur nice to have. Eine Politikerin wird gefragt, weil sie müsste ja nicht vorne stehen. Wobei halt... wer vertritt denn sonst die Anliegen von Frauen in der Politik? Es ist eher die Frage, wie unterstützend Arbeitgeber sind. Sie hat auch noch nie gehört, dass ein*e 18-Jährige*r die gemeinsam verbrachte Zeit aufrechnet nach dem Motto: Mama, damals hast Du mich erst um 17 Uhr vom Kindergarten geholt und da hat die Babysitterin zwei Stunden länger auf mich aufgepasst. Caroline ist überzeugt, dass es wichtiger ist, wie man die gemeinsame Zeit verbringt, sie gestaltet, dass man wirklich da ist und aufmerksam.

Caro hat ihren älteren Sohn für das Buch dazu befragt, wie die verrückte Aufbauzeit der Kernölamazonen für ihn war. „Er meinte nur: Ich habe eh‘ gewusst, dass du wiederkommst.“ MadameWien empfiehlt vom schlechten Gewissen geplagten Müttern, ebenfalls dieses Gespräch zu suchen – auch wenn es eine späte Absolution ist. Sehr offen spricht Caroline Athanasiadis im Buch darüber, was sie ihren Söhnen mitgeben möchte – in zwei Briefen. Auch das wäre eine Empfehlung zum Nachmachen.

Und damit wenden wir uns den praktischen Rezepten gegen Stress zu. Vielleicht hat die viel beschäftigte Kabarettistin, Quiz-Show-Moderatorin (Smart10 auf ORF), Sprecherin und Autorin ja Ideen dazu. Heute hat sie ein größeres Team als in den Aufbaujahren – die Arbeit wird also auf mehr Schultern verteilt. Sie arbeitet mit vielen anderen Frauen und Müttern zusammen – das sieht man auch am Buch. Die zweite Kernölamazone, die Illustratorin, die Ko-Autorin. Hilft das oder wird es noch komplizierter? Es hilft. Alle wissen, wie es läuft. Es gibt immer Verständnis. Die Arbeit ist gut organisiert und durchgetaktet. Eine Tournee dauert heute maximal vier Tage. Die Zeiten werden produktiv genutzt und konzentriert. Alle kommen gut vorbereitet, wodurch es weniger Probentage gibt.

Wenn Erledigungen anstehen und ein Termin am Abend ist, dann räumt sie diesen Tag voll und schaufelt andere frei. Morgens herzlich verabschieden und „Bis morgen!“ sagen ist besser, als ständig wieder zu kommen und sich wieder zu verabschieden. In Rollen schlüpfen erlernt zu haben, hilft ihr nur bedingt. Denn das ist der Job. Zuhause ist sie – wie wir alle – einfach nur sie selbst und ein Laie. Aber sie kann sehr genau benennen, was ihr gegen den Strich geht oder nicht gut mit ihr zu machen ist. Bügelperlen und Lego gehören z.B. nicht zu den Favoriten.

Was sie beim Pendeln zwischen Wien und Graz für abwechselnde Vorstellungen gelernt hat: Dinge wirklich abzuhaken, um nicht in Routinen zu verfallen oder gegen einen Berg von persönlichem Unwillen anzutreten. Auf der Bühne gehört es sich nicht, das Persönliche reinspielen zu lassen. Die Leute haben bezahlt und wollen eine gute Zeit haben. Mit ihrem Hauptprojekt Kernölamazonen tourt sie mit „Sexbomb Forever“. Für das neue Solo-Programm „Souvlaki Walzer“ hat sie mit Georg Breinschmid ein Wienerlied geschrieben über Mutterliebe und das Gefühl, die Kinder an die Wand klatschen zu wollen. Und das kommt sehr gut an. Ansonsten geht es im Programm um den Alltag als halbe Wienerin und halbe Griechin.

Die Seelen in ihrer Brust unterscheiden sich, machen sich verschiedene Gedanken, setzen andere Aktionen. Es gibt bestimmt immer eine, die besser zum Einsatz käme, aber „leider weiß ich in der Situation meist nicht welche und kann das nicht so einsetzen.“ Für die Wiener ist sie jedenfalls zu temperamentvoll, für die Griechen zu langsam. Worin sie aber sehr wienerisch ist, ist ehrlich und direkt sein: „Manche verwechseln das mit Unhöflichkeit. Aber der Wiener ist einfach sehr effektiv: Er will seine Ruhe und verschafft sie sich.“ Bei ihr weiß man immer, woran man ist. Höflich muss man hingegen immer sein. Als Jugendliche hat sie samstags im Import-Export Handel des Vaters ausgeholfen, um das Taschengeld aufzubessern – und auch das war eine gute Schule.

Die neuen Dancing Stars wurden bereits verkündet. Was hat dir rückblickend die Teilnahme an dem TV-Bewerb gebracht, abgesehen von der Plastikstern-Trophäe? „Mehr Gelassenheit im Privat- und im Berufsleben! Sonst bin ich auf der Bühne immer die Chefin. Ich musste so viel Kontrolle, Kompetenzen und Organisation abgeben, weil ich jeden Tag Training hatte und abends gespielt habe.“ Beim Tanzen war Danilo in Charge und führte. Mein Mann übernahm die Familienorganisation voll. Es war für mich nicht leicht die Führung abzugeben, den anderen zu vertrauen. Aber das war eigentlich großartig! Die Grenzerfahrung: Dancing Stars hat mir also rückblickend viel Lebensqualität gebracht. Bis heute trainiere ich einmal pro Woche mit Danilo. Bei einer ProAm „Five Dance Challenge Latein“ haben wir wieder gewonnen!

Gehst Du bis heute am Naschmarkt einkaufen? Ja, wenn ich spezielle Sachen brauche.

Was schätzt du am 16. Bezirk? Ich liebe Ottakring, weil du gleich am Wilhelminenberg in der Natur bist und bei Heurigen wie der 10erMarie. Und sofort bei der Votivkirche. Ein cooler Außenbezirk und der Brunnenmarkt ist inzwischen sehr angesagt.

Und was magst du am 23. Bezirk? Liesing ist fast wie das Land in der Stadt. Beim Maurer Wald gibt es auch Heurigen z.B. den Edlmoser. Am Maurer Hauptplatz ist es wie am Dorf und da habe ich meine kleinen Geschäfte: meine Konditorei, Büchergeschäft, Fleischhauer.

Dein Wiener Lieblingsort? Ich bin, glaube ich, eine der wenigen Wienerinnen, die Wien sehr liebt und wirklich viele Orte sehr gerne mag. Und ich bin ein der wenigen Wienerinnen, die in jedem Wiener Museum war. Da war mein Vater sehr dahinter. Ich habe als Kind sehr viel Zeit im Schönbrunner Schlossgarten verbracht. Ich mag den Grünen Prater sehr gerne und alle Märkte: Naschmarkt, Brunnenmarkt, oder auch das Museumsquartier, wo alle und alles zusammenkommt.

Dein Wiener Lieblingswort? Nicht jugendfrei: "Schenkelspreizer" für Sekt. Darüber musste ich wochenlang lachen, als ich es zum ersten Mal gehört habe.

Wonach schmeckt Wien? Wie eine edle dunkle Schokolade mit Karamell und Meersalz, die ein bisserl zu lange in der Lade gelegen ist. Man kann sie noch essen, sie ist edel, aber wenn man eine neue kauft, wäre es auch nicht schlecht.

Die beste Bar für einen Absacker? Ich habe die Chez Bernard Bar im Sechsten für mich entdeckt. Sie ist sehr schön und dort gibt es Cocktails mit neuen Geschmäckern.

Was möchtest du Wien ausrichten? Wien, bitte bleib‘ anders!


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Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.

Nini schreibt, fotografiert und bloggt digital.
Mag aber auch analog noch immer.

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