Nichts als sparen, sparen, sparen

Mit der Mutter geht es zu Ende. Der Sohn fährt zu ihr ans Sterbebett und soll gleich einmal für sie im Jenseits anrufen. Noch dazu mit der Nachricht, dass es ihr gut gehe.

Das ist neu für ihn und er ist angefressen: Ihr ganzes Leben hatte ihn die Mutter wissen lassen,  dass es ihr schlecht ging. Und jetzt das.

1923 geboren, hat sie erlebt, was Eigentum bedeutet, wenn man es nicht hat. „Dann ist die Inflation gekommen und das Geld war hin." Für sie bedeutete das schon als Kind: Armut, Arbeit und Sparen, Sparen, Sparen. Nicht für einen einzigen Quadratmeter war es je genug.

Zwischen teils abstrakten Gedanken des Sohnes, der sich klammheimlich für die Mutter freut, dass sie bald endlich ihre eigenen 2 Quadratmeter (am Friedhof) besitzen würde, wird in kurzen Erzählsträngen zurück auf das Leben der 95-Jährigen geblickt. Was ihr wirklich wichtig gewesen wäre im Leben, Eigentum und Besitz, blieb ihr aus unterschiedlichen Gründen stets verwehrt.

„Und dann ist die Inflation gekommen und das Geld war hin“ ist einer der  Sätze, die der Sohn  unzählige Male von der Mutter erzählt bekommen hat und der jetzt, da sie stirbt, im Zimmer des Altersheims wiederholt Raum einnimmt.

Alles hin. Die Mutter, das Geld, das Leben. Wolf Haas ist wieder einmal in Bestform. Trotz der Schwere des Sterbens darf an der einen oder anderen Stelle gekichert werden, der Sprachakrobat will es bestimmt so.


Eigentum
von Wolf Haas
Hanser
160 Seiten
22 Euro


Beitragsbild: © Peter-Andreas Hassiepen

Nini schreibt, fotografiert und bloggt digital.
Mag aber auch analog noch immer.

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