Bildhauerin und Bienenkönigin

Kathleen Scott? Wie können wir dieser Britin aus dem Viktorianischen Zeitalter aus heutiger Perspektive nahekommen? Kerstin Ehmer hat sich dieses lohnenden Unterfangens angenommen.

Über Bildhauerinnen des 19. Jahrhunderts gibt es sicher nicht zuviel Literatur.

Zudem gelingt es der Autorin, eine Künstlerin, die ihr halbes Leben wesentlich als Ehefrau von Robert Falcon Scott, dem tragisch verunglückten Expeditionsleiter zum Südpol, wahrgenommen wurde, aus dessen Schatten treten zu lassen.

Ihr zweiter Mann war der Politiker Edward Hilton Young. Nur ein paar Zahlen und Stichworte zu einem langen Leben: Halbwaise, Rodin-Schülerin, Kunststudium in Paris, Weltreisende, zweifache Mutter, leidenschaftliche Tänzerin, hatte vier Familiennamen blieb aber immer identifizierbar, befreundet mit mehreren Premierministern, politisch aktiv, hat zwei Weltkriege überlebt, war mehrfach als freiwillige Helferin im Lazarett, fulminante Gastgeberin mit einem Werksverzeichnis, das 207 Positionen umfasst.

Von ihren Geschlechtsgenossinnen hielt sie grosso modo nicht viel, war also keine feministische Pionierin. Von männlicher Bewunderung konnte sie hingegen nicht genug bekommen. Sie war eine klassische Bienenkönigin, die eine einzige Frau, die andere Frauen nicht glänzen lassen kann.

Die große Stärke des Buches ist sicher, dass Kathleen Scott mit ihren Tagebucheinträgen, Briefen und Reden selbst zu Wort kommt. Mit einem Leben so voll, das es für zwei gereicht hätte.


Diese Freiheit bedeutet mir alles. Das Leben der Kathleen Scott.
von Kerstin Ehmer
mare Verlag
384 Seiten
29,50 Euro

Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.

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