Vom Abrutschen und Fuß fassen

Eske Hicken nimmt uns mit nach Portland, Oregon, das sie aus zwei Milieuperspektiven eindringlich beleuchtet.

Repräsentiert werden sie durch vier Menschen und ihr Umfeld: Richard und Helen arbeiten bei der lokalen Zeitung und pflegen einen gehobenen Lebensstil. Katie entkommt einer Gewaltbeziehung und will in Portland einen Neuanfang wagen, ohne Dokumente und Geld.

John ist ein allseits gutinformierter Blogger und eine Art Stimme der Obdachlosen-Community.

Fuß fassen ist alles andere als einfach. Katie kämpft und landet doch auf der Straße. Sie lernt die Gesetze dort kennen, wo sich Solidarität und Überlebenskampf abwechseln. Die Erfüllung basaler Bedürfnisse wird zum täglichen, zeitaufwändigen Spießrutenlauf: Schlaf, Essen, Hygiene, Wetterbericht, Jobsuche, ausrasten und nicht verjagt werden. Überleben erfordert viel Organisation.

Jede karitative Einrichtung hat eigene Regeln und Vorschriften. Ein mitleidiger Blick ist noch das geringste Übel. Die mit Dach über den Kopf fühlen sich zunehmend gestört und belästigt von jenen, die es verloren haben. Als es zu Brandanschlägen auf Zelte kommt, rücken die Schicksale der vier Protagonist:innen noch etwas enger zusammen. Ist der Polizei zu trauen? Wie funktioniert sensible Berichterstattung? Vertragen sich Social Media, seriöse Recherche und Reporterarbeit? Sind zu viele Obdachlose in der Stadt?

Traurige Aktualität gewinnt das Buch durch die aktuelle Gewaltserie in Wien, die ein Schlaglicht auf die Lebensbedingungen und die Schutzlosigkeit von Menschen auf der Straße wirft. Es ist ein Buch zur Gegenwart, in der die Teuerung viele an ihr Limit bringt. Es zeigt, wie schnell man nach Lebenskrisen auf der Straße landen kann, mit psychischen oder Sucht-Problemen, nach Scheidung oder Jobverlust.

Wenn Sie etwas übrig haben: Einrichtungen wie das Neunerhaus und die Caritas machen einen wichtigen Job. Support your local Straßenzeitung!


Homeless
von Eske Hicken
Edition W
280 Seiten
25,50 Euro


Beitragsfoto: © Thoma Vestweber

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