Ein trauriger Held der 80ies

Siegfried Blum schwankt zwischen Größenwahn, Gerissenheit, Panik und Paranoia.

Wir begegnen ihm auf Malta, wo er Pornoheftchen verchecken will und in schlechte Gesellschaft gerät. Bevor er das große Geld machen kann, wird ihm die heiße Ware abgenommen.

Aber dann findet er einen Abholschein (lustigerweise an der gleichen Stelle wie in Chandlers kürzlich besprochenem Roman „Die kleine Schwester“) und kommt so an fünf Pfund Kokain. Dass er selbst immer wieder ein Naserl Peruvian Flakes konsumiert, ist seiner geistigen und körperlichen Verfassung auch nicht zuträglich.

Cora tritt in sein Leben und man gönnt dem knapp Vierzigjährigen auch mal wieder ein Liebesleben. Aber Cora hat wohl eine eigene Agenda. Unser trauriger Held gerät immer tiefer in einen Strudel aus vermeintlich todsicheren business opportunities und der Flucht - respektive Jagd - quer durch seine Heimat Deutschland.

Auf Madame Wien wirkt Blum wie ein ziemlich trauriger Held und das Ambiente der 1980er-Jahre, das ihn umgibt, wie aus der Zeit gefallen. Irgendwann zieht sich die Handlung in immer weitere Verwirrungen wie Strudelteig. Dazwischen blitzen flotte Dialoge auf und die vom Autor sichtlich selbst besuchten, weil lebendig beschriebenen Schauplätze - von la Valetta bis zur Roxy Bar.

Es wird quasi ständig geraucht, Telefone läuten und es gibt wahrnehmbare Grenzen innerhalb der EU. Der Diogenes Verlag hat „Der Schneemann“ von Jörg Fauser (1944-1987) neu herausgegeben. Der Moderator Dirk Stermann, aka Schneemann, outet sich als Fauser-Fan und liefert das Nachwort.


Der Schneemann
von Jörg Fauser

Diogenes Verlag
272 Seiten
24,70 Euro

Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.

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