Balladen über die Einsamkeit

Die Einsamkeit in der Welt
Das aktionstheater ensemble ist zurück im Werk X


Die Pandemie hat uns auf uns selbst zurückgeworfen. Nach dem erzwungenen Innehalten geht es nun um persönliche Bestandsaufnahmen. Oder Verdichtungen davon, was vorher schon war. Umringt von MusikerInnen werden die SchauspielerInnen einzeln und nacheinander in die Mitte geworfen. Sie erzählen, schreien hinaus, wie gut sie in ihren Singlewohnungen und WG Zimmern zurechtkommen, aber auch, wie sehr ihnen zwischenmenschliche Berührungen fehlten.

„Erst jetzt ist mir bewusst geworden, wie gut ich, trotz aller Wirrnisse, mit mir alleine klarkomme“, erklärt etwa Isabella mit weit aufgerissen Augen. Sie feilt, wie alle anderen auch, an der Optimierung ihrer Solo-Karriere. Das Problem ist,  sie fühlt sich abseits der Bühne nicht wahrgenommen, und das, obwohl sie unendlich viel Energie in die Erzeugung von Aufmerksamkeit investiert. Sogar ihre Unterhosen zeigt sie dem Publikum ab und an, nestelt an ihrem viel zu kurzen Kleid. Schließlich sie später im Foyer oder in der Theaterbar auch abseits der Bühne wieder erkannt werden.

Ein anderer, Thomas, verlassen von seiner Partnerin und vorerst gescheitert an seinen profeministischen Idealen, arbeitet ebenfalls an einem funktionierenden Lebenskonzept. Dass die Ex nicht gut genug kochen konnte, scheint augenscheinlich das Hauptproblem für die gescheiterte Beziehung des Kontrollfreaks zu sein.

Sämtliche Themen, seien sie privater oder gesellschaftspolitischer Natur, werden von den ProtagonisInnen manisch durchdekliniert. Oft versagt die Sprache, Sätze wiederholen sich immer wieder. Was bleibt ist die Musik. Was an Hoffnung bleibt, ist hinter "lonely ballads" verborgen. Die großartige Band hinter halbdurchsichtigen, organza-artigen Stoffbahnen begleitet die Einsamen. Balladen als Echoraum und Katharsis.

Der Regisseur Martin Gruber zum Stück:
„Wortreich wurde in den vergangenen „Stücken über die Einsamkeit“ um eine Pause, ein Innehalten gekämpft. Wiewohl die Sprache, der dramatische Text, beim aktionstheater ensemble ohnehin nur „Platzhalter“ für das eigentlich Nicht-Sagbare sein soll.

Mitten im Kampf der Bühnen-AkteurInnen um ein eitles Wahrgenommenwerden, mitten in der gegenseitigen Entfremdung, setzen beim aktionstheater ensemble die Songs ein. Dann, wenn die Sprache versagt, auch versagen soll, kommt die Musik.

Diese Musik, diese Balladen der vergangenen Jahre, wurden nun, anlässlich der Uraufführungen „lonely ballads: EINS“ und „lonely ballads: ZWEI“, neu arrangiert und mit großer Besetzung im Studio aufgenommen. Einsame Balladen als Kompensation und Katharsis – oder einfach um in diesen Zeiten unsere melancholischen Stunden zu füllen.“

Konzept, Regie, Choreografie: Martin Gruber
Text: Martin Gruber, aktionstheater ensemble
Dramaturgie: Martin Ojster
Regieassistenz: Pia Nives Welser
Musikalische Leitung: Kristian Musser, Nadine Abado, Andreas Dauböck
Bühne, Kostüme: Valerie Lutz

DarstellerInnen und MusikerInnen: Isabella Jeschke, Thomas Kolle, Tamara Stern, Benjamin Vanyek und Nadine Abado, Andreas Dauböck, Simon Gramberger, Kristian Musser, Joachim Rigler, Simon Scharinger


Weitere Vorstellungen
Do. 17., Fr. 18., So. 20. und Mo. 21 Juni jeweils 19:30 Uhr

Karten:
WERK X
Oswaldgasse 35 A
1120 Wien

Nini schreibt, fotografiert und bloggt digital.
Mag aber auch analog noch immer.

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