Schwimmen gegen und für das Vergessen

Julie Otsuka hat den „Wir-Stil“ perfektioniert. Im ersten Teil des Bandes „Solange wir schwimmen“ geht es um die verschworene Gemeinschaft im unterirdischen Schwimmbad.

Hier kommen nicht die Profis zu Wort, sondern die Gewohnheitstiere mit ihren House Rules und der Verunsicherung, als ein Riss im Beckenboden auftaucht.

Eine von ihnen ist Alice, um die man sich ein wenig kümmern muss. Und dann auch wieder gar nicht.

Diese Alice entpuppt sich als Mutter der töchterlichen Erzählstimme im zweiten Teil, die ihre immer dementer werdende Mutter anhand von kleinen Anekdoten und ihren (schwindenden) Fähigkeiten für uns greifbar macht.

Der dritte Teil spielt im „Belavista“, der Betreuungseinrichtung, die Alice nicht mehr verlassen wird. Otsuka schreibt schonungslos über den Hausgebrauch, aber ohne zynisch zu werden. Das ist ganz großes Kino. Im vierten Teil ist Alice nicht mehr und nach ihr wird weitergemacht, geräumt, gelebt und verworfen. Ein berührendes und gleichzeitig humorvolles Buch einer scharfen Beobachterin.


Solange wir schwimmen
von Julie Otsuka
übersetzt von Katja Scholz
Mare Verlag
160 Seiten
23,50 Euro


Beitragsbild: © Ben Franke

Astrid ist Wienerin, Working Mum, Wählerin, wählerisch, mag Menschen, Worte und Wale.

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